Rund um die Reise Reiseberichte Transsib





Vladivostok - Ulan-Ude - Irkutsk - Shadrinsk - Moskau 20.6.-11.7.2010


Mein Kindertraum:
einmal mit der Transsibirischen Eisenbahn fahren!


Ankunft in Vladivostok am 21.06.2010 um 13:30 Ortszeit, wir kamen etwas müde an und wurden erst von Hitze und dann von einem lokalen Mitarbeiter empfangen.
Nach dem Transfer vom Flughafen in die Stadt hatten wir unseren ersten Kulturschock, wir standen vor einem 15 Stockwerke hohem Plattenbau in einem Hinterhof, mein erster Gedanke war: "das kann aber nicht wahr sein!".
Das Treppenhaus machte auch einen schrecklichen Eindruck. Uns viel ein Stein vom Herzen als wir durch die Wohnungstür gingen und eine nette, sehr saubere Wohnung vorfanden.

Haus der Gastfamilie

Das Haus unserer Gastfamilie

Sehr müde von der Anreise traten wir unsere erste Erkundigung von Vladivostok an. Bewaffnet mit einem Stadtplan zogen wir los.
Uns wurde gesagt, dass das Zentrum ca. 20 Gehminuten von unserer Unterkunft entfernt sei. Nach über einer halben Stunde waren wir uns sicher, dass wir uns wohl verlaufen hatten. Wir hielten einen Passanten an (er: kein Englisch und Deutsch sprechend, wir: kein russisch sprechend) und versuchtem ihm klar zu machen, wo wir hinwollten.
Da die Verständigung schwierig war, nahm er uns einfach an der Hand und begleitete uns zur nächsten Bushaltestelle, sagte dem Fahrer wo er uns rauswerfen soll und uns, dass es 19 Rubel kostet.

Vladivostok hat eine nette kleine Altstadt (mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte), ansonsten scheint es der Stadt wirtschaftlich sehr schlecht zu gehen.

Am zweiten Tag hatten wir eine Stadtführung mit der deutschprechenden Jelena, wir gingen zu Fuß in die Altstadt (diesmal ohne Umweg), besuchten die ehemalige Festung, die jetzt ein Museum ist, ein U-Boot Museum und fuhren mit der Fähre auf die Insel Russki.
Auf der Fahrt durch den Hafen sah man verstärkt, dass die Stadt schon einmal bessere Tage erlebt hat.

U-Boot

U-Boot

Am 22.06. abends wurden wir wieder bei unserer Gastfamilie abgeholt und zum Bahnhof gebracht. Ich war sehr überrascht, wie schön Zug Nr. 1 war, die Zugbegleiterinnen waren sehr nett.

Unsere erste Etappe mit der TransSib ging los, die erste Nacht. Erstaunlicherweise lässt es sich in einem fahrenden Zug wunderbar schlafen. Es war sehr interessant zu sehen, wie sich ständig die Landschaft verändert. Wir schauten stundenlang aus dem Fenster - die Reiselektüre blieb quasi unbenutzt.

Denkmal Bahnhof Wladiwostok -> 9288 km

Denkmal Bahnhof Wladiwostok -> 9288 km

Da wir uns vorgenommen hatten, unseren Proviant nicht im Supermarkt, sondern auf dem Bahnsteig zu kaufen, versuchten wir (mit Hilfe eines Sprachführers) von der Zugbegleiterin zu erfahren, wie lange der Zug an der Station hält. Das hat auch gut funktioniert. Nach ein paar Tagen fanden wir heraus, dass in jedem Wagon ein Fahrplan hängt, in dem steht, wann der Zug hält, wie lange und wann er weiterfährt. Es war spannend, Essen auf dem Bahnsteig zu kaufen, da man ja nicht wusste, was das ist. Wir kauften einfach, probierten aus und hatten immer ein sehr leckeres (und günstiges!) Essen.

Nach 3 Tagen Zugfahrt , am 25.06, kamen wir dann in Ulan-Ude an. Am Wagon wurden wir empfangen und zur Gastfamilie gebracht. Am Nachmittag wurden wir von einem deutsch sprechenden Guide abgeholt und sahen u.a. den Budistischen Haupttempel Ivolginsk Dazan und hatten eine schöne Stadtführung. Ich war sehr überrascht wie schön Ulan-Ude ist. Sehr viele alte und sehr schön renovierte Gebäude. Von unserer Gastfamilie wurde uns ein Mongolisches Restaurant (mit englischer Speisekarte!) empfohlen, in dem wir sehr gut gegessen hatten.

Am nächsten Tag wurden wir wieder von der Gastfamilie abgeholt und zum Bahnhof zurückgebracht. Eine Tagesfahrt mit Zug Nr. 7 führte uns nach Irkutsk, wobei wir auch ca. 200 KM entlang des Baikalsees fuhren.

Bei Ankunft in Irkutsk wurden wir wieder pünktlich am Wagon abgeholt und zur Gastfamilie, die auch direkt im Zentrum wohnte, gebracht. Den Rest des Tages verbrachten wir damit, uns schon einmal ein bisschen umzusehen.
Auffallend waren die vielen alten Holzhäuser, die zum Teil sehr schön renoviert wurden und zum Teil leider schon halb verfallen sind. Auch die Hauptstraße Karla Marxa war sehr schön mit liebevoll renovierten alten Steinhäusern. Wir hätten nie solch eine westliche Stadt erwartet. Abends gingen wir in ein Russisches Restaurant. Dort gab es wohl eine englische Speisekarte, allerdings schien diese Karte nicht mit der Kyrillischen Karte überein zustimmen. Wir bekamen etwas völlig anderes zu Essen als das, was wir bestellt hatten, bzw. glaubten bestellt zu haben.

Holzhaus Irkutsk

Holzhaus Irkutsk

Am nächsten Morgen wurden wir vom deutsch sprechenden Sergej abgeholt, es war geplant, einen Spaziergang zum Baikalufer mit Picknick zu machen und anschließend mit dem Baikalexpress auf der alten Route entlang des Ufers zu fahren. Wir fuhren mit der Elektrischka (so etwas wie eine S-Bahn) 2 Stunden und stiegen mitten im Nichts aus. Dann gingen wir ca. 1 Stunde einen sehr schönen Weg durch den Wald zum Ufer des Baikalsees. Ca. 2 Uhr Nachmittags erreichten wir das Ufer. Sergej versuchte, ein Lagerfeuer anzünden, was aber schwierig war, da es tagelang geregnet hatte. Nach seinem dritten Versuch fragte ich ihn, wann denn der Zug komme, er meinte zwischen 2 und 3 Uhr und wenn wir den Zug sehen, müssen wir schnell den Hang hinauf zum Bahnsteig (ein paar Bretter) rennen. Nach seinem vierten Versuch das Feuer anzuzünden kam der Zug, wir packten schnell alles zusammen und liefen den Hang hoch. Da ich davon ausging mit dem Baikalexpress zu fahren (Touristenzug), war ich sehr positiv überrascht, dass wir mit dem Zug fuhren, den die Einheimischen benutzen.
Dieser Zug besteht aus einem Personenwagon und 2 Güterwagons und ist wohl so etwas wie ein rollender russischer Edeka Laden. Wir hatten dann unser Picknick im Zug. Es war sehr interessant, mit den Einheimischen zu fahren, die natürlich sehr neugierig waren - gut, dass wir einen übersetzter hatten. Nach einiger Zeit fragte uns Sergej, ob wir gerne vorne auf der Lokomotive mitfahren würden - was natürlich für uns ein unbeschreibliches Erlebnis war: ganz vorne zu stehen und Bahnschwellen zählen zu können und durch unbeleuchtete Tunnels zu fahren.

Sonderplatz auf der Lok

Sonderplatz auf der Lok

Abends kamen wir in Port Baikal an. Unter Port Baikal hatte ich mir etwas ganz anderes vorgestellt, da sich der Name irgendwie wichtig anhört. Wir fanden ein sehr verschlafenes und irgendwie auch ein bisschen trauriges Nest vor. Wir wohnten bei der Schuldirektorin in einem Holzhaus und wurden gleich mit einem sehr guten Abendessen empfangen. Nach dem Essen gingen wir noch Angeln, doch leider hatte kein Fisch angebissen (nur ein Stein).

Da am nächsten Morgen die Fähre nach Listwjanka schon um 6 Uhr morgens ging, baten wir Sergej, ob er nicht eine andere Möglichkeit finden könnte. Tatsächlich wurden wir dann mit einem kleinen Privatboot übergesetzt. Es folgte noch eine kleine Rundfahrt durch Listwjanka, welches mit Sicherheit einmal schön war, aber jetzt durch zu viele Hotels und große Bauten verunstaltet ist. Von Listwjanka ging es dann zurück nach Irkutsk mit einem Zwischenstopp im Freilichtmuseum Talzy mit seinen alten sibirischen (Holz)Häusern, die überraschenderweise gar nicht so viel anders aussehen als bei uns.

Ersatzfähre

Ersatzfähre

Zurück in Irkutsk. Am nächsten Morgen ging es dann mit dem öffentlichen Bus auf die Insel Olchon. Nach 7 Stunden Busfahrt, erst über asphaltierte Straßen dann über Schotterpisten und Sandpisten und einer überfahrt mit der Fähre, kamen wir in Kuschir, dem Hauptort auf der Insel, an. Noch in Irkutsk, am Busbahnhof, erhielten wir eine Wegbeschreibung zu unserer Unterkunft, es hieß: wenn wir den Dorfteich vom Bus aus sehen, sollen wir aussteigen und hinter dem Teich ist unsere Unterkunft.
Wir waren bei Nikita untergebracht, welcher auf einem relativ kleinen Areal viele "Cottages" in dem 4 oder mehr Zimmer untergebracht sind, gebaut hat. Interessant war der Baustil und Nikita scheint einen Hang zur Dekoration zu haben.
Nahezu jedes dieser "Cottages" hat einen anderen Stil und jeder Balken ist mit Schnitzereien verziert. Wir wussten, dass es kein fließendes Wasser gibt auf Olchon und hatten schon mit dem Schlimmsten gerechnet. Was wir allerdings vorfanden war sehr ideenreich. Neben der Toilette stand eine Tonne, die mit Wasser gefüllt war. Wenn man die Toilettenspülung betätigt, kommt das Wasser aus der Tonne, die man leicht wieder nachfüllen kann. Noch genialer war die Dusche: Neben der Duschwanne stand ein beheizbarer Tank. In der Duschwanne war eine Gummimatte mit 2 Beulen. Diese Matte legt man einfach in die Duschwanne und tritt abwechselnd auf die Beulen und pumpt dadurch das warme Wasser aus dem Tank! Super Erfindung!

Dusche mit Muskelkraft

Dusche mit Muskelkraft

Der oben genannte Teich wurde später von einer Mitarbeiterin Nikitas als Swamp (Sumpf) bezeichnet, was der Sache wesentlich näher kommt.
Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten sahen wir uns noch ein bisschen um. Als wir hinter dem Dorf auf den Hügel stiegen waren wir völlig überwältigt von der Schönheit der Landschaft. Da waren steile Klippen, Buchten mit Sandstränden, Erdmännchen pfiffen und überall blühte alles. Nur leider war es ziemlich kalt und etwas regnerisch.

Für den nächsten Tag hatten wir eine Tour an das Nordkap der Insel gebucht. Man hatte die Wahl alles mit dem Auto (Minibus) zu fahren oder 13 KM dieser Strecke auf dem Pferd hinter sich zu bringen. Wir hatten uns für die Pferde entschieden, da man uns versichert hatte, dass es sehr brave Pferde wären. Waren sie auch. Allerdings scheinen die sibirische Pferde auf andere Dinge zu reagieren als auf Zügel und Schenkeldruck. Der Ausflug zu Pferd war schön und war auch die nachfolgenden Schmerzen beim Sitzen wert.

Am Kap trafen wir die restliche Gruppe wieder (die sich gegen Pferd entschieden hatten) und es wurde am Lagerfeuer Fischsuppe gekocht, natürlich mit Omul (dieser Fisch kommt nur im Baikalsee vor), anschließend wurden dann noch Kekse mit Thymian Tee gereicht. Nach unserem Picknick ging es mit dem Minibus wieder zurück. Die Fahrt war abenteuerlich (metertiefe Spurrinnen, rutschige Sandpisten), aber sehr schön.

Open-Air Suppenküche

Open-Air Suppenküche

Den dritten Tag hatten wir vor, uns etwas an den Strand zu legen und evtl. im See zu baden - sallerdings hatte der See ca. 5 Grad und ein Gewitter brachte weiteren Regen. Auf Olchon gab es hauptsächlich Fisch (Omul) in allen Varianten: gegrillt, gebraten, gekocht, als Salat, als Roulade und war sehr lecker!

Am nächsten Morgen ging es wieder zurück nach Irkutsk, wo wir noch einen ganzen Tag zur Verfügung hatten. Nach einer ausgedehnten Stadtbesichtigung mit Kirchen, Plätzen und schönen Straßen gab es noch mal eine Kaffeepause in unserem Lieblings Cafe, das unbedingt noch erwähnt werden muss: Kaffee Soho in Irkutsk. Dort gibt es den besten Kaffee in Sibirien!

03.07. abends Weiterfahrt mit Zug Nr. 1 nach Ekaterinburg (05.07). Am Bahnhof wurden uns die Tickets für den Regionalzug nach Shadrinsk übergeben. Nach vier Stunden Aufenthalt stiegen wir in den Zug Nr. 316 ein. überraschend war, dass dort ein 4 Bett Abteil mit 6 Personen besetzt war. Wahrscheinlich weil wir nur 4 Stunden in dem Zug verbringen würden, waren "unsere" Bettplätze mit zwei jungen Männern doppelt belegt. Die beiden waren auch sehr nett und halfen uns, die schweren Taschen aus dem Zug zu befördern. Nachts um 1 Uhr wurden wir von Nadja empfangen, welche uns dann noch eine Kleinigkeit zu Essen angeboten hat. Eigentlich hätten Nadja und Alexander, beide deutschsprechend, uns gemeinsam abholen sollen, doch leider war Alexander im Krankenhaus. Am nächsten morgen fuhren wir mit Genadi (Ersatzfahrer für Alexander) in seinem fliegenden Lada zu den Klosterruinen von Dolmatowo. Es ist sehr schade, in welchem Zustand sich das einstmals schöne Kloster und die Kirchen befinden. Anschließend Besuch des Heimatmuseums von Dolmatowo, in welchem ein Elch mit Hirschgeweih ausgestellt ist.

Zurück in Shadrinsk besuchten wir die private Banja von Nadja und Alexander mit anschließenden Abendessen und einer Flasche Wein aus eigener Herstellung.

Unser zweiter Tag in Shadrinsk führte uns zu einigen Mineralwasserquellen, das Wasser war scheußlich! Weiter ging es mit dem Maxinowa See und einer Muster-Kolchose und anschließend noch eine Fahrt durch Dörfer, die schon mehr verlassen sind als bewohnt.

Mineralwasserquelle

Mineralwasserquelle

Zurück in Shadrinsk noch ein Besuch des Heimatmuseums. Der Aufenthalt in Shadrinsk war sehr schön, Nadja und Genadi sind sehr liebe herzliche Menschen. Alexander konnten wir leider nicht kennenlernen. Am Abend brachten uns die beiden zum Bahnhof, von wo wir mit dem Zug Nr. 89 nach Moskau fuhren.

Am 09.07. um 5:02 morgens kamen wir in Moskau auf dem Kazaner Bahnhof an. Unsere Gastfamilie bereitete uns ein großes Frühstück zu. Nach einer Dusche gingen wir auch gleich los, um Moskau zu erkunden. Erst war der Kreml an der Reihe, welcher sehr beeindruckend war, anschließend Besichtigung des Roten Platzes, welchen wir uns viel größer vorgestellt hatten.
Nachher unternahmen wir noch eine Rundfahrt (welche keine Rundfahrt war) auf der Moskwa (Schiff): nach 1 ½ Stunden stiegen alle aus, wir überlegten noch, ob wir einfach sitzenbleiben sollten und noch mal 1 ½ Stunden zurückfahren oder ob wir eine Metro Station suchen sollten. Nach 1 Stunde hin und her laufen hatten wir dann auch die Metro gefunden und zurück in der Arbat Straße uns ein Radler (untypisch aber gut und kalt) gegönnt.
Unser zweiter Tag in Moskau führte uns wieder in die Metro, wir wollten uns erst eine bestimmte Metro Station ansehen, weiterfahren zu einem Bahnhof, an welchem es ein Eisenbahnmuseum gibt, mit der Metro zu einem berühmten Kloster und anschließend in der Innenstadt noch ein paar Straßen ansehen.
Leider ist das für ungeübte Metrofahrer etwas schwierig gewesen, erst sind wir zu weit gefahren, wieder eine Station zurück. Dann sind wir dummerweise mit der Rolltreppe nach oben gefahren und mussten wieder bezahlen ... Schließlich fanden wir das Eisenbahnmuseum und meisterten unsere Metrofahrt von dort zu dem Kloster ohne Probleme.
Abschließend noch ein Spaziergang durch Straßen mit wunderschönen alten Häusern und Jugendstil Villen bevor wir uns am Arbat noch ein gutes letztes Abendessen gönnten. Rückflug am 11.07. Ende einer traumhaften, abenteuerlichen Reise.

Noch ein paar abschließende Worte/Eindrücke Die Reise war perfekt organisiert, wir mussten nie warten und hatten immer Ansprechpartner.
Die Menschen sind sehr hilfsbereit, auch wenn man nicht die gleiche Sprache spricht.
Unsere Züge waren alle sehr sauber und gepflegt, die Schaffner und das andere Personal nett und freundlich.
Die Städte sind sehr sauber, es gibt keinen Müll, der herumliegt.
Es gab KEINE Mücken und wir hatten kanisterweise Mückenmittel dabei.


Wir bedanken uns bei Ihnen für die Einsendung Ihres Reiseberichts!


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